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Poppenwind>
Entstehung
Habt
Ihr es Euch gemütlich gemacht? Kommt näher an den Kamin, wärmt
Euch am züngelnden Feuer, lauschet dem Knistern der Flammen und
höret was ich Euch zu berichten habe...... Oh
Poppenwind am Waldessaum, Du bist so klein man sieht Dich kaum. So
wurde schon vor vielen Generationen die idyllische Lage, sowie die
Größe dieses malerischen Ortes beschrieben. Umschlossen von
rauschenden Wäldern, grünenden Wiesen und schützenden Bergen liegt
dieser Ort, welcher aus einer Wendensiedlung hervorgeht.
Poppenwind um 1961. Blick aus Richtung Brattendorf zum Solaberg hin. Wie die meisten umliegenden Orte wird das Dorf "Boppenwinden" zum ersten mal 1317 urkundlich erwähnt, doch liegt seine Gründung wohl um die 400 Jahre zurück, also im 9. Jahrhundert. Es ist die Zeit , in welcher
der große Kampf der Deutschen gegen die bis an die Saale, Werra und den Main
vorgedrungenen Slawen, auch Sorbenwenden oder Winden genannt, begann und der
mit äußerster Erbitterung und Grausamkeit geführt wurde. In jenen Kämpfen
wurden die Sorbenwenden, ein indogermanischer Völkerstamm, aus den von ihnen
besetzten Grenzgebieten zurückgeworfen und die dabei gemachten
Kriegsgefangenen nach damaliger Sitte in die Knechtschaft geführt. Sie wurden
als Leibeigene an die deutschen Edellinge und Heerführer, welche an den Kämpfen
teilnahmen, verteilt und mußten unter Aufsicht von Kriegsleuten Wälder roden
und neue Dörfer schaffen, die dann mit Kriegsgefangenen Wenden besetzt, den
Namen des Heerführers oder Edellings erhielten. So bedeutet der Ortsname Poppenwind, errichtet von den Wenden (wind) des Poppo (Poppen). Dieser war Graf Poppo II. um 830 - 906 , er war Markgraf der Sorbischen Mark, Graf im Nordgau, Graf im Volkfeld und wurde als dux Thuringorum bezeichnet (Herzog von Thüringen). Möglich ist auch die Verbindung des späteren Poppo II. von Hennebrg, gest. 1118. Die Verbindung zu diesem und Poppenwind ist jedoch nicht eindeutig sicher. An der Stelle des Hauses Nr.
33 befand sich vor Jahrhunderten der Friedhof der Siedlung (ein wendischer
Friedhof). Dazu an anderer Stelle mehr. Schon vor der Zeit der
Dorfbesiedelung stand auf einer Anhöhe unweit von Poppenwind, Vogelherd
genannt, ein Castrum oder eine hennebergische Burg, um die sich noch heute im
Volksmund so manche Sagen ranken. ( Die Sagen werden auf einer späteren Seite
behandelt.) Da auf dem Vogelherd das
Wasser fehlte, mußte es die Besatzung des Castrums aus einer am Fuße des
Vogelherdes sprudelnden Quelle beziehen. Merkwürdig ist, das der
Waldboden in der Umgebung des Vogelherdes in längst vergangener Zeit unter
dem Pflug gewesen ist. Noch Anfang 1900 ließen sich
die einstigen Ackerbeete unterscheiden und auch heute noch würde man wohl bei
genauer Suche etwas finden können. Aus den Steinen des Castrum
wurde im Jahre 1672 die Brünner Kirche errichtet. Das Poppenwind eine
Wendensiedlung ist, geht auch aus der Dorfanlage hervor. Der Ort ist in
Hufeisenform angelegt und in der Mitte ist ein geräumiger Dorfplatz mit der
Weth oder Schwemme und daneben die Dorflinde. Die heutige Dorflinde wurde im
Jahre 1913 gepflanzt. Sie trägt den Namen "Kaiserlinde", zum Gedächtnis
an das 25. Regierungsjubiläum Kaiser Wilhelms II. am 15.Juni. Ursprünglich lag Poppenwind weiter in Richtung Teich, oder es war ehemals größer. Jedenfalls wurden bei Mellorations Arbeiten auf der Wiese oberhalb des Ortes Reste von Grund- und Kellermauern freigelegt. Dies könnte auch eine Antwort auf die Frage sein warum man diese Stelle die "Hofstat" nennt. Vielleicht war es ja ehemals eine größere Hofanlage oder ein Bauernhof, oder es war nur eine weitere Ausdehnung des Ortes welche aufgegeben wurde weil das Gelände zu sumpfig war. Der 3o-jährige Krieg hat das
Dorfbild verändert. Haben die Häuser früher, der
slawischen Art nach, mit der Giebelseite zur Straße hin gestanden, so zeigen
die meisten heute die breite Front zu selbiger. So sah damals das typische Bauernhaus aus. Durch viele Brände im 30-jährigen
Krieg und die Berechtigung zum freien Holzbezug aus der Gemeindewaldung, zum
Bauen, entstanden viele neue Häuser. Das wendische Bauernhaus wurde durch das
mitteldeutsche abgelöst. Teilweise kam es auch zu einer totalen Trennung
zwischen Wohnhaus und Stallungen. Das wohl älteste Haus slawischer Art, in
dem die Stallung nicht neben dem Hausflur sondern hinter der Küche lag, ist
im Jahre 1893 durch Feuer zerstört worden. Heute erinnern viele Häuser
an den damaligen mitteldeutschen bzw. fränkischen Baustil. Fast alle Häuser
hatten einen Laubengang, oder auch "Fränkische Laube", welche zwar
inzwischen zu Fluren und Veranden ausgebaut wurden aber dennoch erkennbar
sind. Noch bis zur Mitte der 80er Jahre existierten originale Laubengänge an
manchen Häusern und es standen noch 3 original erhaltene Bauernhäuser,
welche aber dem Zahn der Zeit weichen mußten.
Die abgerissenen Häuser Nr. 5 und Nr. 31 in der Dorfstraße.
Das alte Schaffers Haus. Schaffer ist im Poppenwinder Dialekt das Wort für Schäfer. Gesprochen wird es Schaffa, wobei das letzte a nur kurz anlautet. Ein weiterer Fingerzeig über
die ethnologische Abstammung einer Dorfbevölkerung sind ohne Zweifel die
Trachten, besonders die der Frauen. Noch bis zum späten 19.
Jahrhundert hin sollen die Frauen aus Poppenwind beim Kirchbesuch ein großes
weißes Tuch um Hals und Schultern getragen haben, welches auch die Oberarme
bedeckte, wie früher in der Bayreuther Gegend oder in der sorbischen Lausitz.
Ein ganz besonderes Gewicht
legte man in alter Zeit auf einen festen, lückenlosen Dorffried. Es war dies
eine, das ganze Dorf umschließende, undurchdringliche Schwarz- oder Weißdornhecke
oder auch Verplankung und galt als Schutzwehr gegen nächtliche räuberische
Überfälle. Die alte Dorfordnung ahndete Vernachlässigungen und Lückenbildung
durch erhebliche Strafen. Die Eingänge der Dörfer waren durch Tore oder
Schranken verwahrt. Auch Poppenwind hatte sich in dieser Hinsicht gesichert.
Es hatte 4 verschließbare Tore und einen Schlagbaum. Die Tore schlossen den
Eingang am Pfaffenberg, an der Sand- und Kirchgasse und an der Wassserschopfe,
während der Schlagbaum die enge Brattendorfer Hohle sperrte.
Die Reste der Landwehr am Schleißenberg, auch Schleußenberg genannt, in Richtung Wiedersbach. Ein sich zumindest um 1900
noch im Gemeindearchiv befindliches Reskript aus der Zeit Herzog Ernst des
Frommen befiehlt nach dem 30-jährigen Krieg die Wiederherstellung der zerstörten
Tore. Über den heutigen Verbleib dieses Dokumentes ist mir leider derzeit
nichts bekannt. Wie bei den meisten Wendendörfern,
so lief auch um den Dorffried von Poppenwind ein noch heute teilweise
vorhandener Weg. Die Dorfwache während der
Nacht besorgten die Ortsnachbarn in wechselnder Folge und waren zu diesem
Zweck mit Hellebarden bewehrt. Laut älteren Ortsakten waren
in Poppenwind 2 solcher Waffen und ein Harnisch vorhanden, denn Anno 1588
verausgabte die Gemeinde " 24 Groschen für den Harnisch zu fegen und
Riemen und Nägel an denselben zu machen, an den Plattner von
Hildburghausen" und 1592 "für 2 Hellebarden 3 Gulden". 1604
wurden nochmals 24 Groschen, 10 Pfennig verausgabt, "den gemeinen
Harnisch zu richten." Auch von diesen alten Wehren soll sich noch eine
bis in die Zeit um 1900 im alten Spritzenhaus befunden haben. Eine besondere Erwähnung
verdient auch die in der Poppenwinder Gemarkung liegende Landwehr, früher im
Volksmund auch die "Lampr" genannt. Sie bestand aus einem 30 bis
40 m breiten abgesteinten und der Herrschaft gehörenden Landstreifen
zwischen sächsischem und hennebergischem Gebiet, auf welchem ein noch heute
gut sichtbarer tiefer Schutzgraben auf sächsischem Gebiet verläuft. Mehrfach
ist er auch noch als Doppelgraben mit zwischenliegendem Wall erkennbar. Dies
ist besonders da der Fall, wo Wege hindurch führten und Tore angebracht waren
um das Umgehen oder Umfahren dieser zu verhindern. Dies ist am Wiedersbacher Weg,
neben der Jägerswiese noch gut erkennbar und heute auch durch eine Schautafel
dargestellt. Der tief ausgeworfene
Schutzwehrstreifen mit Wall lag, wie schon erwähnt, auf sächsischer Seite. Der übrige Landstreifen
war mit dichtem Unterholz bewachsen, welches von den
Untertanen zu räumen, also von Oberholz frei zu machen war. Hierdurch
entstand ein
undurchdringliches Dickicht aus Dorn- und anderem Gebüsch. Herrschaftliche Forstbeamte
hatten den Grenzzaun zu bereiten, während Landwehrknechte denselben zu
begehen und die Tore zu überwachen hatten. Die Namen von 2 solcher
Landwehrknechte sind in den Archiven zu finden. 1450 Dietzel Keilholz und 1657
Hans Langguth. Diese waren für den Verschluß des Tores am Wiedersbacher Weg
zuständig. Für dieses Tor werden 1596 für 1 Gr. 3 Pfg., 2 Schlüssel
besorgt. Eine wirksame Schutzwehr zur
Landesverteidigung ist diese Landwehr jedoch nie gewesen, da die geschaffenen
Hindernisse durch Axt und Hacke leicht zu beseitigen waren. Aber dem fahrenden
Volk und dem Raubgesindel der damaligen Zeiten mag dies wohl standgehalten
haben. Einen nebensächlichen Zweck
hatten die Zäune wohl auch bei fürstlichen Jagden. Man nutzte sie zum
befestigen der Jagdtücher, an den in gewissem Abstand stehengebliebenen Bäumen
und die Anlage verhinderte das Überwechseln des Wildes von einem Jagdrevier
ins andere. Der durch die Gemarkung
Poppenwind verlaufende Landwehrstreifen wurde um 1837 um den Preis von 2250
Gulden durch die Gemeinde Poppenwind erworben.
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